PCOS (polyzystisches Ovarialsyndrom) – wenn der weibliche Körper vermännlicht



Der Kinderwunsch bleibt unerfüllt? Grund dafür könnte das polyzystische Ovarialsyndrom (polyzystisches Ovarsyndrom, PCOS) sein.

Weltweit sind bis zu acht Prozent aller Frauen von der hormonellen Erkrankung betroffen. Der vielschichte Symptomkomplex ist Ausdruck einer gestörten Eierstockfunktion (Ovarienfunktion).

Gebärmutter, Scheide und Eierstöcke der Frau
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Was ist das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS)?

Patientinnen mit polzystischem Eierstocksyndrom leiden an Fruchtbarkeitsbeeinträchtigungen, die auf Störungen der komplexen Regelmechanismen im weiblichen Hormonhaushalt beruhen. Am Krankheitsgeschehen sind vor allem Hormone wie

  • das weibliche Geschlechtshormon Östrogen,
  • das männliche Geschlechtshormon Androgen,
  • das luteinisierende Hormon (LH) und
  • das Follikel-stimulierende Hormon (FSH)

beteiligt.

LH und FSH sind Hormone der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), die sich an den Eierstockfunktionen und der weiblichen Zyklusregulierung beteiligen. Die Hirnanhangdrüse von Patientinnen mit dem Syndrom sondert vermehrt LH in die Eierstöcke ab. Dadurch bilden sich mehr Androgene und Östrogene.

Die abnormalen Hormonwerte der Betroffenen führen Wissenschaftler mittlerweile auf Stoffwechselveränderungen im Bereich der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), in den Nebennieren sowie im Fettgewebe zurück. Viele Frauen mit PCOS haben doppelt so hohe Androgen-Werte wie Gesunde. Der veränderte Hormonhaushalt führt neben Fruchtbarkeitsstörungen zu Symptomen wie Übergewicht und Akne.

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Symptome des PCOS

Das PCOS unterscheidet sich in seiner Ausprägung und Symptomatik von Patientin zu Patientin. Gemeinsames Symptom aller Patientinnen sind abnorme Hormonkonzentrationen in Blut sowie Urin.

Normale bis erniedrigte FSH-Konzentrationen treffen bei dem Krankheitsbild auf einen LH/FSH-Quotienten von über zwei bis drei. Testosteron, DHEA, Androstendion sowie DHEAS erhöhen sich bei dem Krankheitsgeschehen. Viele Betroffene leiden infolge der hormonellen Veränderungen an Symptomen wie

  • männlicher Körperbehaarung (Hirsutismus) im Bereich der Brust, der Oberschenkel und Lumbosakralregion
  • tiefer Stimmlage
  • männlichen Körperproportionen
  • vergrößerten Brustdrüsen
  • Klitoris-Vergrößerungen
  • Zyklusstörungen wie ausbleibender Periode (Amenorrhoe) bis hin zum Ausbleiben der Ovulation (Anovulation)
  • Fruchtbarkeitsstörungen
  • vermehrter Hautfettproduktion (Seborrhö)
  • Akne Übergewicht bis hin zu Adipositas
  • Insulinresistenz
  • mehrfacher Zystenbildung im Bereich der Eierstöcke

Prägen sich vermehrt männliche Geschlechtsmerkmale aus, so ist bei dieser Symptomatik in der Fachsprache von Virilismus die Rede. Vermännlichungssymptome infolge von Androgen-Überproduktion fassen Ärzte als Androgenisierung zusammen.

Diagnose eines PCO-Syndroms

Die Diagnose eines PCOS stellt meist der Frauenarzt. In der Ultraschalluntersuchung zeigen die Eierstöcke oft mehr als zwölf Follikel mit einem Durchmesser zwischen zwei und neun Millimetern. Das Eierstockvolumen übersteigt in vielen Fällen zehn Milliliter. Selten finden sich im Eierstockbereich keine Auffälligkeiten. In diesem Fall ist der Hormonspiegel zusammen mit den typischen Körperveränderungen das entscheidende Diagnose-Kriterium.

Schon die Anamnese kann Ärzte zur Verdachtsdiagnose des Syndroms bewegen, so beispielsweise, wenn Patientinnen von Zyklusstörungen und Vermännlichungssymptomen sprechen. Wie Zwillingsstudien beweisen, scheint eine genetische Veranlagung für PCOS nahezuliegen. Da sich für PCOS-Fälle in der Vergangenheit familiäre Häufungen beobachten ließen, kann auch eine entsprechende Familienvorgeschichte PCOS-Verdachtsdiagnosen bedingen. In der Differentialdiagnostik sind Krankheiten mit ähnlicher Symptomatik auszuschließen, so beispielsweise

  • Morbus Cushing
  • adrenogenitales Syndrom
  • Androgenisierungserscheinungen durch Medikamente wie Phenytoin, Cyclosporin oder Anabolika
  • Hyperprolaktinämie
  • Prolaktinom
  • gondadotrope Hypophysenfunktionsstörungen
  • primäre Ovarialinsuffizienz
  • postmenopausaler Hirsutismus
  • Hypothyreose

Ultraschallgerät zur Diagnose eines PCOS
Ultraschalluntersuchung © Tobilander / Fotolia

Die wichtigste Differentialdiagnose zum polyzystischen Ovarialsyndrom stellen Androgen-bildende Tumore im Bereich der Ovarien oder Nebennierenrinden dar. Besonderes Augenmerk liegt bei der Differentialdiagnostik daher auf dem genauen Ablauf der Androgenisierung. Bei PCOS bilden sich die Vermännlichungsmerkmale meist milder und langsamer aus als bei Tumoren. Außerdem liegen die Testosteron-Werte für Androgen-bildende Tumore oft wesentlich höher.

Medikamentöse Behandlung zur Therapie des polyzystischen Ovarsyndroms

Um PCOS zu behandeln, liegt der Fokus auf medikamentösen Therapieansätzen. Die Therapie der Wahl richtet sich möglichst genau auf die Bedürfnisse und Beschwerden im Einzelfall aus.

Falls beispielsweise kein Kinderwunsch besteht, gibt der Arzt Ovulationshemmer oder Glukokortikoide. Diese Medikamente hemmen die Androgen-Produktion der Ovarien und Nebennierenrinde.

Auch cyproteronacetathaltige Ovulationshemmer kommen als medikamentöser Therapieweg infrage. Ärzte hemmen mit diesen Substanzen die Androgen-Rezeptoren. Sobald diese körpereigenen Bindungsstellen nur noch vermindert auf Androgen reagieren, lassen die Vermännlichungssymptome nach. In Kombination mit den rezeptorhemmenden Medikamenten bietet sich die Gabe von Ethinylestradiol an, um die Ausschüttung von LH und FSH zu regulieren.

Falls die Betroffenen einen Kinderwunsch äußern, eignen sich statt Ovulationshemmern medikamentöse Behandlungsversuche mit Substanzen wie

  • Clomifen
  • Gonadotropinen
  • Glukokortikoiden

Bisher konnten Patientinnen mit Kinderwunsch selten absolute Normalisierungen ihrer Ovarialfunktionen erleben. Therapieansätze mit pulsatiler Gabe von GnRH stellen zwar Erfolge in Aussicht, bergen aber das Risiko einer Überstimulation im Bereich der Eierstöcke. In vielen Fällen entwickeln sich infolge der Überstimulation risikoreiche Mehrlingsschwangerschaften. Außerdem gelten entsprechende Behandlungswege als äußerst mühsam und langwierig.

Da auf PCOS-Patientinnen mit Kinderwunsch hohe Belastungen der Psyche zukommen, bietet sich begleitend zur Syndrom-Behandlung psychotherapeutische Betreuung an.

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Fazit: PCOS Prognose bleibt für Kinderwunsch-Patientinnen ungünstig

Obwohl PCOS viele Frauen betrifft und mittlerweile als häufigster Grund für erfolglose Diäten sowie unerfüllte Kinderwünsche gehandelt wird, bleibt das Phänomen unzureichend erforscht.

Syndrom-bedingte Probleme wie Akne lassen sich mittlerweile gut behandeln, indem Ärzte Ovulationshemmer geben. Auch das Abnehmen fällt Patientinnen leichter, sobald die hormonellen Störungen behoben sind.

Wer allerdings von PCOS betroffen ist und einen Kinderwunsch hat, hat eine ungünstigere Prognose in Aussicht. Die normalen Eierstockfunktionen lassen sich in den seltensten Fällen widerherstellen. Aus diesem Grund bleiben die Betroffenen oft dauerhaft unfruchtbar, obwohl symptomatische Behandlungsmöglichkeiten existieren.