Die Primärbehandlung des Mammakarzinoms umfasst – je nach Tumortyp – die Brustkrebsoperation, die Nachbestrahlung, die Hormontherapie und die Chemotherapie. Während dieser Zeit verlangt jede Maßnahme eigene regelmäßige Untersuchungen, um die Nebenwirkungen erfassen und die Therapie richtig steuern zu können. Die eigentliche Brustkrebs-Nachsorge beginnt definitionsgemäß nach einer vollständig abgeschlossenen Primärtherapie.
Zeitrahmen und Ziele der Brustkrebs-Nachsorge
Ein exakter Zeitrahmen der Brustkrebs-Nachsorge lässt sich nur schwer eingrenzen. Denn in sehr seltenen Fällen kann auch nach 20 Jahren eine erneute Tumormanifestation auftreten. Bei den zur Nachsorge erscheinenden Patientinnen ist bis 10 Jahre nach der Primärtherapie mit einer jährlichen Erkrankungswiederauftretensrate von 5 bis 8 Prozent zu rechnen. Üblich war bisher, den Nachsorgezeitraum auf 5 Jahre zu begrenzen. Aus oben genannten Gründen sollte mit den Patientinnen allerdings besprochen werden, dass die Brustkrebs-Nachsorge über diesen Zeitraum hinaus fortgesetzt wird und ein Ende nicht sicher zu benennen ist. Grundlegend ist zu erwähnen, dass etwa 55 Prozent der Patientinnen nach abgeschlossener Primärtherapie geheilt sind.
Die Brustkrebs-Nachsorge zielt darauf ab, Rezidive nach brusterhaltender Therapie beziehungsweise Mastektomie innerhalb der betroffenen Brust sowie eine Zweiterkrankung in der kontralateralen Brust zu erkennen. In diesen Fällen würde sich für die Patientin rechtzeitig erneut eine Chance auf Heilung eröffnen. Des Weiteren sollen in der Brustkrebs-Nachsorge, wie bereits erwähnt, die Erfolge der Primärtherapie überprüft und dokumentiert werden. Nebenwirkungen der Operation, der Chemotherapie, der Bestrahlung und der endokrinen Therapie lassen sich erfassen und behandeln. Außerdem kann die Therapie – je nach Nebenwirkungen – umgestellt werden.
Für die Patientinnen ist es wichtig, auch nach der Primärtherapie noch in ärztlicher Betreuung zu sein. In den Leitlinien zur Brustkrebstherapie wird ein Nachsorgekalender (in Übereinstimmung mit den zuständigen Gesellschaften und Arbeitsgruppen) aufgeführt. Für viele Patientinnen bleibt jedoch die Frage bestehen, ob sich durch eine frühzeitige Erkennung einer asymptomatischen Metastasierung und damit eine frühere Therapieeinleitung eine Verlängerung der Überlebenszeit erzielen lässt.
Gestaltung der Brustkrebs-Nachsorge
In den nachfolgenden Abschnitten wird auf die routinemäßigen und zusätzlichen Untersuchungen eingegangen. Die sinnvolle Gestaltung der Nachsorge sehen Mediziner unterschiedlich. Eine regelmäßige Brustkrebs-Nachsorge, die eine genaue Anamnese und eine körperliche Untersuchung beinhaltet, ist jedoch unumstritten. Ebenso muss in festgelegten Intervallen eine Mammographie der operierten und der kontralateralen Brust, gegebenenfalls mit ergänzender Sonographie, durchgeführt werden.
Zwei Studien mit insgesamt 2563 Patientinnen verglichen eine Routine- mit einer intensiven Nachsorge (mit klinischer Untersuchung, Knochenszintigraphie, Ultraschalluntersuchung der Leber, Röntgenuntersuchung des Brustkorbs und jährlicher Mammographie). In beiden Studien konnte nach einer 10-jährigen Brustkrebs-Nachsorge kein signifikanter Vorteil in Bezug auf das Gesamt- oder das krankheitsfreie Überleben gezeigt werden. Aufbauend auf diesen beiden Studien werden diese Untersuchungen von den meisten deutschen medizinischen Fachgesellschaften (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie, Deutsche Krebsgesellschaft, Gesellschaft für Senologie etc.) und der amerikanischen Krebsgesellschaft (American Society of Clinical Oncology) nicht empfohlen.
Die Richtlinien für die Nachsorge des Mammakarzinoms stehen jedoch in Widerspruch zu den Richtlinien anderer Krebserkrankungen. Die aktuellen Nachsorgeleitlinien erscheinen für Patientinnen mit kleinen, nodalnegativen Primärtumoren und einer entsprechend guten Heilungschance geeignet. Für Patientinnen mit einer durch den Primärtumor bedingten schlechten Prognose sollte jedoch über eine Ausweitung der Brustkrebs-Nachsorge nachgedacht werden.
Standard-Untersuchungen im Rahmen der Brustkrebs-Nachsorge
Nach einer Operation und einer begleitenden (adjuvanten) Therapie finden in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen statt. Wie oben erwähnt, beinhaltet die routinemäßige Nachsorge die folgenden Untersuchungen:
- eine ausführliche Anamneseerhebung
- eine körperliche Untersuchung
- eine Mammographie
- beziehungsweise eine ergänzende Ultraschalluntersuchung (Sonographie)
Ultraschallgerät © Tobilander / Fotolia
Ausführliche Anamneseerhebung
Bei der Anamnese fragt der Arzt die Patientin nach neu aufgetretenen Symptomen. Hierzu gehören zum Beispiel Knochenschmerzen, Atemnot, Husten, Bauchschmerzen, Schwindel, persistierende Kopfschmerzen und Veränderungen im Bereich der Narben bzw. der Achselhöhle. Ebenso spricht er mit ihr über die Nebenwirkungen noch laufender Therapien (zum Beispiel Trastuzumabbehandlung, endokrine Therapie) und dokumentiert diese. Je nach Befund kann der Arzt dann eine weitere bildgebende Diagnostik beziehungsweise eine Umstellung der laufenden Therapie aufgrund von Nebenwirkungen einleiten.
Körperliche Untersuchung
Bei der körperlichen Untersuchung werden die operierte Brust bzw. die Wand des Brustkorbs auf dieser Seite sowie die kontralaterale Brust und beide Achselhöhlen genau untersucht. Das Hauptziel ist hier das Erkennen eines Rezidivs oder eines Zweitkarzinoms, von denen erneut eine Metastasierung ausgehen kann. Gibt eine Patientin neu aufgetretene Beschwerden wie zum Beispiel Knochenschmerzen, Atemnot oder Husten an, sind die Ursachen durch weiterführende bildgebende Untersuchungen (zum Beispiel Röntgenuntersuchung des Thorax oder Knochenszintigraphie) zu klären. In der Brustkrebs-Nachsorge ist es wichtig, die Patientinnen über neue Erkenntnisse und mögliche Konsequenzen aufzuklären.
Die körperliche Selbstuntersuchung sollte jede Patientin einmal im Monat durchgeführen. Dazu wird der Arzt sie in die Art und Weise der Untersuchung einweisen. Ziel der Selbstuntersuchung ist nicht das Erlernen der Fähigkeit, verschiedene Befunde unterscheiden zu können. Vielmehr besteht das Ziel darin, Veränderungen in den Brüsten, im Narbenbereich oder in den Achselhöhlen frühzeitig zu bemerken und diese dann von einem Arzt weiter abklären zu lassen.
Mammographie und Ultraschalluntersuchung
Die Mammographie ist weiterhin das wichtigste Werkzeug in der Diagnostik des Mammakarzinoms. Sie wird im Rahmen der Brustkrebs-Nachsorge regelmäßig durchgeführt und je nach Dichte des Drüsenkörpers sowie bei mammographisch unklaren Befunden und zur Darstellung der Achselhöhlen durch eine Ultraschalluntersuchung ergänzt.
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Die gynäkologische Untersuchung mittels einer Ultraschalluntersuchung sollte ebenfalls regelmäßig durchgeführt werden, um Veränderungen an den Eierstöcken oder der Gebärmutter frühzeitig erkennen zu können. Jede Blutung in der Postmenopause beziehungsweise unter einer laufenden Tamoxifentherapie ist ärztlich zu kontrollieren.
Nach Abschluss einer anthrazyklinhaltigen Chemotherapie ist eine Ultraschalluntersuchung des Herzen zusammen mit einer Elektrokardiographie (EKG) sinnvoll, um die Leistung des Herzmuskels beurteilen zu können. Auch während und nach einer Therapie mit Trastuzumab sollte in regelmäßigen Abständen eine Ultraschalluntersuchung des Herzen zusammen mit einer Elektrokardiographie durchgeführt werden.
Weitere mögliche Maßnahmen
Weitere Themen bei Kontrolluntersuchungen sind die Folgen der Primärtherapie sowie die psychische Belastung der Patientin. Die Brustkrebs-Nachsorge sollte deshalb von einem Arzt durchgeführt werden, zu dem die Patientin ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann, um Probleme und Sorgen offen ansprechen zu können. Es ist durchaus normal, wenn jeder Arztbesuch im Rahmen der Nachsorge des Mammakarzinoms erneut Ängste und Befürchtungen weckt. Gelingt es auf Dauer nicht, diese Ängste vor Arztbesuchen abzubauen, ist eventuell eine Hilfestellung von außen, zum Beispiel das Gespräch mit einem Psychotherapeuten oder der Austausch in einer Selbsthilfegruppe, sinnvoll, um Mut und Lebensfreude wiederzuerlangen.
Ergänzende Untersuchungen im Rahmen der Brustkrebs-Nachsorge
Eine häufig gestellte Frage im Rahmen der Brustkrebs-Nachsorge ist, was zusätzlich zu den bereits erwähnten Untersuchungen getan werden kann bzw. sollte. Des Weiteren muss man beachten, für wen engmaschige und intensive Untersuchungen überhaupt sinnvoll erscheinen. Patientinnen mit einem kleinen, nodalnegativen Primärtumor haben eine gute Heilungschance. Bei Patientinnen mit einer ungünstigen Risikokonstellation hingegen erscheint eine engmaschige intensivierte Brustkrebs-Nachsorge gerechtfertigt.
Diagnostik zur Erkennung von Metastasen
Falls während der Nachsorgezeit Beschwerden auftreten, sollte selbstverständlich jederzeit eine Kontrolle dieser Symptome mit Hilfe einer bildgebenden Diagnostik erfolgen. Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist, ob sich durch eine frühe Erkennung einer Metastasierung ein Überlebensvorteil für die Patientin ergibt. Immer wieder werden eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs, eine Ultraschalluntersuchung der Leber und eine Knochenszintigraphie gefordert.
Eine bereits symptomatische Metastasierung in der Leber oder der Lunge stellt für die weitere Behandlung eine schlechte Ausgangssituation dar. So würden zum Beispiel Lebermetastasen erst mit Oberbauchbeschwerden, einer tastbaren Lebervergrößerung oder erhöhten Leberwerten und Lungenmetastasen mit Husten oder Atemnot auffallen. Ein weiteres Problem stellen die daraus folgenden erhöhten Blutwerte (zum Beispiel Leberwerte) dar, die für die meisten Studien ein Ausschlusskriterium bedeuten.
Bestehen bereits die oben genannten Symptome, ist eine intensivere Kombinationschemotherapie erforderlich, um ein schnelles Ansprechen zu erreichen. Werden jedoch Brustkrebs-Metastasen ohne Beschwerden erkannt, so besteht noch die Möglichkeit, eine Therapie mit gut verträglichen antihormonellen Präparaten in die Wege zu leiten. Auf diese Art und Weise kann den Patientinnen eine Therapie mit starken Nebenwirkungen erspart und somit eine gute Lebensqualität ermöglicht werden.
Eine Knochenmetastasierung hingegen fällt frühzeitig durch Schmerzen auf. Daher kann durch eine genaue Anamnese und eine gründliche körperliche Untersuchung eine Knochenmetastasierung, die für die Patientin zunächst keine akute Bedrohung darstellt, erkannt und eine optimale Therapie in die Wege geleitet werden. Aus diesen Gründen erscheint die Untersuchung der Leber und der Lunge im Rahmen engmaschiger Kontrollen als sinnvoll. Auf die Knochenszintigraphie könnte jedoch verzichtet werden.
Computertomographie und Kernspintomographie
Hochauflösende Untersuchungen wie die Computer- oder die Kernspintomographie werden als weitere ergänzende bildgebende Untersuchungen eingesetzt. Falls bei den üblichen Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen ein auffälliger Befund diagnostiziert wird, kann er mittels Computer- oder Kernspintomographie weiter verifiziert werden. Zudem kann man die Ausdehnung sowie die Größe des Befundes angeben.
Computertomographie © zlikovec / Fotolia
Diese Methoden eignen sich eher zur Verlaufskontrolle bzw. zur feineren Diagnostik, jedoch weniger zum Screening (Reihenuntersuchung). Auch die Kernspintomographie der Brust gehört nicht zur routinemäßigen Untersuchung bei Verdacht auf oder bei Vorliegen einer Brustkrebserkrankung. Bisher eignet sich diese Untersuchung nicht zur Überwachung von asymptomatischen Patientinnen. Jedochlässt sich die Ausdehnung eines Befundes bei einem Brustkrebsverdacht genauer beurteilen. Die Entscheidung über eine Kernspintomographie der Brust sollte individuell und in Abhängigkeit von der klinischen Situation getroffen werden.
Positronenemissionstomographie
Bei der Positronenemissionstomographie handelt es sich um eine Ganzkörper-Scan-Technik, bei der radioaktiv markierte Glukose (Fluor19) intravenös verabreicht wird. Mit einem Detektor können dann geladene Teilchen in einer höheren Auflösung nachgewiesen werden. Die bisherige Datenlage zeigt allerdings keinen Überlebensvorteil oder eine Erhöhung der Lebensqualität durch den routinemäßigen Einsatz der Positronenemissionstomographie. Eine signifikante Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit wir durch die Kombination von Positronenemissions- und Computertomographie erreicht. Diese Kombination wird momentan ebenfalls noch nicht zur Routinediagnostik eingesetzt. Sie hat ihren Haupteinsatz in der Rezidivdiagnostik und beim Aufsuchen von Tumoren bei Patientinnen mit unklarem Konzentrationsanstieg der Tumormarker.
Bedeutung der Tumormarker
Tumormarker sind im Blut oder im Gewebe nachweisbare Eiweißstoffe, deren Konzentrationsanstieg mit einer Tumorerkrankung zusammenhängen kann, aber nicht muss. Die brustkrebsrelevanten Tumormarker CA 15-3 (CA: Cancer Antigen) und CEA (karzinoembryonales Antigen) haben in der Brustkrebs-Nachsorge ein hohes diagnostisches Potenzial, jedoch ist die Bedeutung der Früherkennung einer Metastasierung oder Rezidivierung und einer frühzeitigen therapeutischen Intervention noch ungeklärt. Im Fall einer Metastasierung oder Rezidivierung eignen sich die Tumormarker, falls ihre Konzentrationen erhöht sind, jedoch sehr gut, um die Effektivität oder Ineffektivität einer laufenden Therapie zu kontrollieren.
Die prognostische Bedeutung von zirkulierenden Tumorzellen im peripheren Blut ist momentan noch ungeklärt. Viele der im Blut zirkulierenden Tumorzellen gehen zugrunde und sind dadurch nicht imstande, Metastasen zu bilden. Eine Untersuchung des Blutes auf zirkulierende Tumorzellen erscheint momentan außerhalb von Studien wenig sinnvoll.
Fazit zu ergänzenden Untersuchungen im Rahmen der Brustkrebs-Nachsorge
Die regelmäßige Untersuchung mit einer der hier aufgeführten Methoden erscheint aufgrund der momentanen Datenlage nicht empfehlenswert. Zudem handelt es sich bei diesen Untersuchungen im Allgemeinen auch nicht um Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Jede Patientin hat allerdings die Möglichkeit, diese Untersuchungen selbst, und zwar im Rahmen einer Individuellen Gesundheitsleistung (kurz: IGeL), in die Wege zu leiten und zu bezahlen. Über die Notwendigkeit und die Auswahl der richtigen Methode sollte die Patientin mit dem zuständigen Onkologen diskutieren.
Autor:
Dr. med. Joachim Rom